Haushaltsrede von Utz Kowalewski - auch als Video

Am Donnerstsg, 9. Februar 2023, hat eine breite Mehrheit im Rat der Stadt Dortmund den Haushaltsplanentwurf 2023 mit zahlreichen Änderungen und Ergänzungen der Fraktionen empfohlen. Auch die Fraktion DIE LINKE+ hat zugestimmt. Fraktionsvorsitzender Utz Kowalewski erläutert in seiner Haushaltsrede die Gründe. Die Haushaltsrede findet Ihr gedruckt im Anhang oder unter nachstehendem Link bei youtube:

 

Ratssitzung 09.02.2023 - Haushaltsrede von Utz Kowalewski 

Es gilt das gesprochene Wort 

Anrede

dass DIE LINKE+ heute zwischen dem Grün-Schwarzen Bündnis einerseits und dem SPD-FDP Bündnis andererseits spricht, ist zwar Zufall, hat aber für diese Wahlperiode durchaus Symbolwert. In vielen Fragen des Rates ist DIE LINKE+ weiterhin das Zünglein an der Waage. Auch in diesen Haushaltsberatungen haben sich daher beide Seiten um die Gunst der LINKEN+ bemüht.

Am Ende können Grüne und CDU darüber zufrieden sein, dass man auch in diesem Jahr  SPD und FDP rein rechnerisch nicht für eine Verabschiedung des Haushaltes braucht. Und die SPD kann zufrieden sein, dass sie trotzdem eine hinreichende Anzahl ihrer eigenen Anträge ins Ziel bringen konnte, um erneut eine Haushaltszustimmung zu rechtfertigen.

Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Die Antragslagen aller demokratischen Fraktionen bewegten sich auch in diesen Haushaltsberatungen deutlich links vom politischen Mainstream der SPD-CDU Haushaltskoalitionen des letzten Jahrzehnts. Haushaltskürzungen, Personalkürzungen, Ausgliederungen von Leistungen und die Erhöhungen von Steuern sind nicht mehr der politische Konsens der derzeitigen Ratsmehrheiten – und das ist auch gut so.
Dass alle demokratischen Fraktionen des Rates alle Anträge der AfD abgelehnt haben, ist ebenfalls gut so, und zeigt, dass die Demokraten gegen den Rechtsextremismus und Rechtspopulismus geschlossen einstehen.
Daher ist auch DIE LINKE+ mit dem Ergebnis der diesjährigen Beratungen zufrieden und wird dem Haushalt 2023 zustimmen.

Der Haushalt selbst steht auf sicheren Füßen. Er ist daher nur anzeigepflichtig und muss von der Bezirksregierung nicht genehmigt werden. Von der Haushaltssicherung oder gar einer Überschuldung der Stadt sind wir weit entfernt. Schwieriger wird es erst wieder, wenn die sogenannten Bilanzierungshilfen für die Corona-Pandemie und den Ukrainekrieg auf den Haushalt zurückschlagen. Auf unseren Antrag hin wird folgerichtig durch den Rat die Landesregierung aufgefordert, die Bilanzierungshilfen in den Landeshaushalt zu übernehmen. NRW lässt die Kommunen hier weitgehend alleine, mal von einigen Zuschüssen abgesehen. Die entstehenden Schulden sind aber von den Kommunen selbst zu tragen. Von Seiten einer Landesregierung die Kommunen dazu aufzufordern, das Problem mit Hilfe schwarzer Kasse einfach nur zu verdrängen, reicht nicht aus – die Landesregierung muss sich hier ihrer Verantwortung für die Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen stellen.

Die Ratsverwaltung wird zudem auf unseren Antrag hin mehrheitlich aufgefordert, bei der Priorisierung von Maßnahmen die Haushaltsanträge der Fraktionen nach oben zu setzen. Ich denke, dies entspricht auch dem Anspruch, den die aktuellen Ratsmehrheiten haben.

DIE LINKE+ hat in diesen Haushaltsberatungen zwei Schwerpunkte gesetzt. Zum einen das Thema „Soziales“, zum anderen das Thema „Kinder und Jugend“.

Daher freuen wir uns, dass es gelungen ist, eine Beschlusslage zur Einführung einer sozialen Dauerkarte für Schwimmbadbesuche in den Bädern der Sportwelt gGmbH für Menschen im Bezug von Hartz IV bzw. Bürgergeld und für Kinder und Jugendliche zu erreichen. Hier hatten wir gute Gespräche mit der Sportwelt, die diesen Antrag sehr gerne umsetzen möchte. Mein Vorschlag, Herr Oberbürgermeister: Ich breite hier jetzt nicht die inzwischen sechsjährige Historie des Antrages aus, weil das ja die eine oder andere Peinlichkeit mit sich bringt, und die Verwaltung setzt im Gegenzug zusammen mit der Sportwelt das Thema nun zügig um, damit wir mit der Maßnahme die kommenden Sommerferien bereits erreichen.

Ich hatte schon bei meiner Haushaltsrede im vergangenen Jahr die Bemühungen der Verwaltung gelobt, massiv in den Schul- und Kita-Bau zu investieren. Im Schulbau wird unser Antrag aus dem letzten Jahr, zwei zusätzliche Gesamtschulen auszuweisen,  inzwischen umgesetzt. Bei den Kitas gibt es ebenfalls Fortschritte. Allerdings – und das ist ein ernstes Problem – gibt es Schwierigkeiten, auch das nötige Personal für die Kitas anzuwerben.
Der früher vorhandene Springerpool, um Krankenstände in den bestehenden Kitas aufzufangen, wurde inzwischen aufgelöst. Das merken die Eltern auch, weil die Betreuung in der Regelbetreuungszeit jetzt schon nicht mehr die Zuverlässigkeit vergangener Jahre aufweist.
Mit dem Anstieg der Arbeitsbelastung steigt auch die Zahl derjenigen Erzieher:innen, die größere Pausen brauchen oder sogar ganz den Beruf verlassen. Nun soll die Betreuungszeit in den Kita-Randzeiten ausgeweitet werden, was wir durchaus richtig finden. Aber das Problem wird dadurch im Personalbereich nicht kleiner.
So freut es uns, dass die Ratsmehrheit unserem Antrag folgen konnte zu versuchen, die Arbeitsbedingungen und den Arbeitsschutz für das Kitapersonal deutlich zu verbessern. Dazu wird die Verwaltung nun dem Fachausschuss ein entsprechendes Konzept vorlegen. Wir haben die Hoffnung, dass, wenn es denn schon schwierig ist neues Personal anzuwerben, es wenigstens gelingt, die bereits vorhandenen Kita-Kräfte an FABIDO zu binden. Vielleicht sind bessere Arbeitsbedingungen sogar ein Grund dafür, dass es künftig besser gelingt, Personal für die Kinderbetreuung zu akquirieren.

Kinder und Jugendliche aus Dortmund bis zum 18. Lebensjahr werden auch in diesen Sommerferien aufgrund unseres Antrages ohne Eintritt den Westfalenpark besuchen können und erstmals gilt dies auch für die Herbstferien. Dafür stellen wir den Sport und Freizeitbetrieben 130.000 Euro zur Verfügung. Danach wird evaluiert und eventuell folgt dann nochmal eine weitere Ausweitung für das Folgejahr.

Der Sportgutschein, der bislang nur für Kita-Kinder galt, wird nun bis zum 8. Lebensjahr ausgeweitet und kann daher auch von Grundschülern in Anspruch genommen werden, die dies als Kita-Kind noch nicht getan haben – und das sind sehr viele.

An Dortmunder Grundschulen, die im Zuge der Digitalisierung nun auf einem Berg von Tablets für den Unterricht sitzen, werden durch Initiative von DIE LINKE+ sogenannte Laptopschränke ausprobiert. Dafür wurden zunächst 60.000 Euro zur Verfügung gestellt. Über den Finanzbedarf und die Nachfrage durch die Schulen wird im Schulausschuss sicher weiter zu sprechen sein.

Wir fördern den Hospizverein „Forum Dunkelbunt“, nachdem es der BV Innenstadt-Ost vom Rechtsamt untersagt wurde, eine solche Förderung vorzunehmen, da es sich um überbezirkliche Aktivitäten handeln würde.

Um das Alltagsleben für Menschen mit Behinderungen zu erleichtern, stellen wir entsprechendes Personal zur Verfügung, um das Projekt „Barrierefreies Routing in der Wegeführung“ zu verstetigen.

Auch das Kulturhaus Taranta Babu erhält 10.000 Euro, um seine Toiletten in barrierefreier Form umzubauen.

Außerdem ändern wir die Hundesteuer-Satzung auf Antrag von DIE LINKE+ so, dass künftig Assistenzhunde – auch dann wenn sie sich noch in der Ausbildung befinden – von der Hundesteuer befreit sind.

Das Depot in der Nordstadt erhält - zusätzlich zum Förderanteil aus dem Paket für die freie Szene - 100.000 Euro, um den Gebäudekomplex planerisch weiterzuentwickeln und inhaltlich neu aufzustellen.

Afrika Positive erhält insgesamt 50.000 Euro für Sach- und Personalkosten, davon 30.000 Euro für eine halbe Personalstelle. Und die Stadt- und Landesbibliothek wird künftig Montag geöffnet und verlängert zudem ihre Samstagsöffnungszeiten.

An einem Punkt unseres Antragspaketes waren SPD, CDU, FDP und AfD aber nicht bereit über ihren Schatten zu springen. Wir wollten ein kommunales Nothilfeprogramm für Menschen, die in der Gefahr sind, in der Krise durch die sozialen Sicherungssysteme hindurch zu rutschen. Wir wollten, dass die Verbraucherzentrale, die in Kooperation mit DEW21 solche schwierigen Fälle bearbeitet, ein Budget bekommt, um Wohnungsverluste zu vermeiden. Die ablehnenden Fraktionen waren der Meinung, dass die Gelder, die Dortmund vom Land zur Verfügung gestellt bekommt, hierfür ausreichend seien. Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, wir schlagen Ihnen vor, dass die Stadt nun aus eigenem Antrieb einen Teil dieser Landesgelder tatsächlich dafür verwendet, einen solchen Nothilfefonds aufzulegen und die Verbraucherzentrale hier ins Boot zu holen. Es kann nicht sein, dass zwar Kultureinrichtungen und Vereine gefördert werden, aber Menschen in der aktuellen Krise in Probleme geraten und womöglich ihre Wohnungen verlieren und obdachlos werden oder ihre Ernährung für sich und ihre Kinder nicht mehr sicherstellen können.

Die Zahl der Obdachlosen steigt in Dortmund tatsächlich stetig an. Im Moment geht man offiziell von rund 600 Menschen ohne Obdach aus. Dabei hatte der Sozialausschuss auf Antrag von DIE LINKE+, den Grünen und der CDU den Einstieg in das Housing First Projekt in Auftrag gegeben. Eine Umsetzung des Antrages durch die Verwaltung können wir aber bislang nicht erkennen. Die Einführung von Housing First ist übrigens eine der Kernforderungen auch des Obdachlosencamps auf der Kampstraße gewesen – also der Betroffenen selbst. Nur wenige dieser Menschen sind damit einverstanden, wie in dieser Stadt mit ihnen umgegangen wird. Wir fragen uns als LINKE+, ob der Oberbürgermeister hier wohl mal ein Machtwort sprechen möchte, um seine Verwaltung zur Umsetzung der Beschlusslage anzuhalten, oder ob wir die Kommunalaufsicht darum bitten müssen.

Im Bereich der Beteiligungen haben wir den Beschluss erwirkt, auch in der EDG den letzten tariflosen Bereich DOLOG wieder mit einem regulärem Tarifvertrag zu versehen und die Tarifparteien zu Verhandlungen aufgefordert. Ähnlich gehen wir mit dem Thema einer Tarifbindung bei ServiceDO um. Hier hatten wir Ende letzten Jahres die demokratischen Fraktionen eingeladen eine Lösung zu finden, wie auch die finanziellen Fragen auf der Ebene des Klinikum zu lösen sind. Es war Konsens, dass wir diese Frage im Sonderältestenrat zusammen mit dem Kämmerer und der Klinikumsleitung diskutieren, auch um die Höhe eines Investitionskostenzuschusses zu bestimmen, damit das Klinikum im Investitionsbereich handlungsfähig bleibt. Nun hatten Grüne und CDU die Zahl „4 Millionen“ in den Haushaltsberatungen aufgerufen – wir haben dem vorerst zugestimmt, damit auch eine Summe im Haushalt erst mal gesichert ist. Die Gespräche auf der Ebene des Sonderältestenrats über die endgültige Figur stehen aber aus unserer Sicht dennoch noch aus.

Die Fraktion DIE LINKE+ übernimmt im Krisenjahr 2023 in den Haushaltsberatungen zusammen mit anderen Fraktionen die Verantwortung für Dortmund. Bereits im letzten Jahr hatte die Fraktion DIE LINKE+ den Haushalt der Stadt maßgeblich mitgestaltet und letztlich dem Stadthaushalt auch zugestimmt. Nach Bankenkrise, Flüchtlingskrise, Corona-Pandemie, Klimakrise, der sozialen Krise in Deutschland mit zunehmenden Bedarfen bei Lebensmitteltafeln und Suppenküchen und aktuell der Ukraine-Krise mit erneuten Flüchtlingsunterbringungen und weltweiten wirtschaftlichen Konfrontationen, von denen die Energiekrise und die hohe Inflation nur die ersten sichtbaren Zeichen sind, wird auch das kommende Haushaltsjahr geprägt von den Auswirkungen all dieser Krisen.

Lassen sie uns gemeinsam aufmerksam bleiben, den sozialen Zusammenhalt in Dortmund sichern und die Stadt weiter voran bringen.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.