Haushaltsrede von Utz Kowalewski (auch als Video)
Am 12. Dezember 2024 fand die letzte Sitzung des Rates in diesem Jahr statt (knapp sechs Stunden). Verabschiedet wurde unter anderem der städtische Haushalt für die Jahre 2025 und 2026. Die Fraktion DIE LINKE+ hat dem Haushalt zugestimmt. Hier ist die Haushaltsrede von Utz Kowalewski, dem Vorsitzenden der Fraktion DIE LINKE+ :
Anrede,
die vielfältigen Krisen in unserem Land schlagen bis in die Kommune durch. Da sowohl die Bundesregierung als auch die Landesregierung ihren sozialpolitischen Kompass verloren haben, können wir mit dem Doppelhaushalt 2025/26 keine großen Sprünge machen. Die Stadt wird derzeit nicht gestaltet – sie befindet sich im Krisenmodus.
Dies spiegelt sich in den Haushaltsanträgen aller demokratischen Fraktionen wider. Knapp 170 Anträge waren im Finanzausschuss zu behandeln. Die meisten versuchten, Härten für die Menschen in unserer Stadt zu vermeiden und Entscheidungen von Bund und Land in ihrer Wirkung abzumildern.
Sie können sich vorstellen, dass wir als DIE LINKE+ sehr genau überlegt haben, wie wir mit dieser schwierigen Situation umgehen wollen. Es war in den internen Debatten schnell klar, dass wir uns nicht wegducken, sondern für die Menschen in Dortmund kämpfen werden. Wir haben gekämpft - und unser Einsatz hat sich wirklich gelohnt.
Zentral waren für uns vor allem 4 Themen.
1. Thema:
Wir wollten unbedingt vermeiden, dass die Wohnnebenkosten über die vom Verfassungsgericht angeordnete Grundsteuerreform weiter steigen. Daher haben wir bereits frühzeitig, nachdem der OB sein Bekenntnis zu einer starken Belastung der Wohngebäude über die Presse kundgetan hatte, die Debatte zu diesem Thema im Finanzausschuss angestoßen. Die demokratischen Fraktionen waren sich hier einig. Den einheitlichen Hebesatz mit einer massiven Anhebung der Wohnnebenkosten lehnen alle ab. Am Ende stand dann der Beschluss über die aktuellen differenzierten Hebesätze, bei denen die Kommune den Status Quo hinsichtlich der Grundsteuer fortschreibt, also weder zusätzliche Einnahmen generiert noch Haushaltslöcher produziert. Dieser Lösung stimmen wir ausdrücklich zu.
Apropos Haushaltslöcher: Die AfD hat ihren Antrag zur Grundsteuer im Finanzausschuss wegen offensichtlichem Unsinn zurückgezogen und sich der Haltung der demokratischen Fraktionen angeschlossen. Der AfD-Antrag hätte im Falle eines Beschlusses ein Haushaltsloch von knapp 50 Mio Euro pro Jahr gerissen – also innerhalb einer Dekade eine halbe Milliarde Euro für den Stadthaushalt vernichtet.
2. Thema:
Das Dortmunder Klinikum steht ähnlich wie andere Krankenhäuser vor den Trümmern einer verfehlten Gesundheitspolitik, bei der das Land seinen Verpflichtungen in Bezug auf die Investitionen des Klinikums nicht nachkommt und der Bund über seine DRG-Abrechnungen mit den Kassen die Einnahmeseiten der deutschen Krankenhäuser ziemlich vor die Wand fährt. Die Absicht der Bundesregierung ist klar – von den 1700 Krankenhäusern in Deutschland sollen in den nächsten 2-3 Jahren rund 500 Häuser sterben. Das Klinikum Dortmund als Haus der Maximalversorgung gehört nicht dazu, hat aber dennoch Probleme. Daher haben wir uns mit einem Haushaltsantrag über 10 Mio Euro dafür eingesetzt, dass der benötigte Ambulanz-OP gebaut werden kann. Grüne und CDU haben in den Gesprächen zum Haushalt diesen linken Antrag zum Teil ihres eigenen Antrages über einen Zuschuss von 20 Mio Euro gemacht, dem wir dann auch gerne zugestimmt haben.
3. Thema:
Wir sind der Auffassung, dass eine Stadt und ihre Stadtverwaltung Tarife nicht unterlaufen dürfen. Bei Fabido sollte aber genau das stattfinden. Es war innerhalb der Verwaltung strittig, ob Erzieher:innen die entsprechende Eingruppierung im TVÖD erhalten, wenn sie Kinder mit inklusivem Betreuungsbedarf in ihren Gruppen haben. Wir haben den Antrag gestellt, dass die Erzieher:innen entsprechend eingruppiert werden und damit mehr verdienen als bisher.
Der Antrag ist in der Haushaltssitzung des Finanzausschusses heftig bekämpft worden. Dass es eine Sitzungsunterbrechung zu dieser Frage geben musste, spricht Bände. Daher mein ausdrücklicher Dank an alle, auch aus den anderen demokratischen Fraktionen und in der Verwaltung, die dabei mitgeholfen haben, den Antrag über die Ziellinie zu bringen und ihn dort auch zu halten.
Wir als DIE LINKE+ stehen an der Seite der Mitarbeiter:innen der Verwaltung. Sie können sich auf uns verlassen. Und ganz ehrlich: Hätte es einen Bereich getroffen, der nicht einen sogenannten Frauenberuf umfasst, hätten wir diese Debatte sicherlich gar nicht erst führen müssen. Auch das ist ein Grund zu versuchen, in der kommenden Wahlperiode einen Gleichstellungsausschuss in Dortmund einzuführen. Als Fraktion mit dem größten Frauenanteil in diesem Rat stehen wir ganz selbstverständlich an der Seite der Frauen.
4. Thema:
Die Stadtentwicklungsgesellschaft (DSG) hat ebenfalls ein Problem. Wir haben uns als DIE LINKE+ in Zusammenarbeit mit dem OB für die Gründung der DSG eingesetzt. Leider hat die Verwaltung bei der Gründung aber handwerkliche Fehler gemacht, die zu einer viel zu geringen Eigenkapitalausstattung geführt haben. Die Verwaltung schlägt uns nun vor, diese Fehler mit einem weiteren handwerklichen Fehler zu beheben. Künftig soll die Sparkasse 49% der DSG übernehmen.
Wer nun glaubt, dass die Sparkasse keine Renditeerwartungen hätte, der ist, mit Verlaub, politisch naiv. Die Sparkasse ist zwar eine öffentliche Bank, aber sie ist eben eine Bank und nicht die Wohlfahrt. Diejenigen, die heute für dieses Modell stimmen werden, müssen sich dann fragen lassen, wo sich denn die Wohnungen von DSG im Mietspiegel einordnen werden. Der Unternehmenszweck besteht doch darin, Wohnungen für Menschen anzubieten, die sich nicht mehr am Wohnungsmarkt versorgen können. Unser Alternativmodell haben Sie im Finanzausschuss ablehnt – wir haben Ihnen ein Modell vorgelegt, das die Probleme für die aktuell von DSG bearbeiteten Projekt löst, ohne dass die Sparkasse als Anteilseigner dafür gebraucht würde und ohne den Haushalt damit allzu stark zu belasten.
Da wir bei drei der vier Big Points dieser Haushaltsberatungen ins Ziel gekommen sind, haben wir uns dazu entschlossen, diesem Haushalt zuzustimmen, zumal von 24 unserer Anträge 16 in der einen oder anderen Form beschlossen wurden. Der Stadthaushalt ist zudem lediglich anzeigepflichtig. Die Bezirksregierung kann uns hier nicht mehr in die Suppe spucken. Und in den Nothaushalt geraten wir auch nicht. Damit sind nun alle Haushalte der Stadt Dortmund in dieser Wahlperiode unter Mitwirkung von DIE LINKE+ entstanden und zum Wohle der Stadt beschlossen worden.
Unter den weiteren Anträgen unserer Fraktion möchte ich einige hervorheben:
Beim nun seit über 10 Jahre andauernden Bäderstreit zwischen dem Sportdezernat und unserer Fraktion haben wir erneut eine Antragslage in die Beschlussfassung bekommen. Meist werden Beschlüsse in diesem Fachbereich von der Verwaltung nicht umgesetzt – wir wollen, dass das diesmal anders wird. Konkret wollen wir untersucht haben, ob die Bäder der Sportwelt gGmbH bei einer Rekommunalisierung besser bei den Sport- und Freizeitbetrieben oder bei der Revierpark Wischlingen GmbH aufgehoben wären. Und das eben nicht nur durch ein anekdotenhaftes Narrativ, sondern durch konkrete Zahlen und Daten hinterlegt, die diese Fälle ernsthaft untersuchen. Ob dann ein politischer Rekommunalisierungsbeschluss folgen wird, wird die Politik dann zu entscheiden haben, aber eine Insolvenz der Sportwelt gGmbH ist nun auch nicht völlig unwahrscheinlich. Für den Fall müssen wir vorbereitet sein und nicht etwa überrascht auf dem falschen Fuß erwischt werden. Die Frage der Ermäßigung der Eintrittsgelder für DoPass-Inhaber:innen soll Teil dieser Überlegungen sein.
Der Energiesparservice der Caritas erhält 50.000 Euro, um Landeskürzungen in diesem Bereich zumindest teilweise aufzufangen. Dies ist sowohl ein sozialpolitisches Instrument für Menschen mit geringem Einkommen, verbrauchsstarke Kühlgeräte auszutauschen, was sich die Betroffenen aus eigener Kraft nicht leisten könnten. Aber es ist auch ein klimapolitisches Instrument, weil durch die energiesparenden Geräte massiv CO2 eingespart wird.
Für das Tierschutzzentrum haben wir gleich zwei Anträge gestellt, die allerdings mehr personalpolitische Aspekte haben als konkret für den Tierschutz gedacht sind. Zum einen waren wir entsetzt, dass die Mitarbeiter:innen über keine geschlechtergetrennten Umkleiden verfügen und die Frauen teilweise in die Abstellkammern ausweichen müssen. Diesen absurden Zustand stellt die Beschlussfassung nun ab. Sie erinnern sich - Stichwort: Gleichstellungsausschuss.
Der zweite Antrag beendet die vergleichsweise teure Praxis der Fremdvergabe tierärztlicher Leistungen, indem im Tierschutzzentrum eine eigene Praxis eingerichtet wird und Tierärzt:innen fest angestellt werden. Wir erhoffen uns hier neben dem finanziellen Aspekt auch einen Qualitätsgewinn.
Interessant war in diesen Haushaltsberatungen auch, dass die AWO uns in Bezug auf zwei Haushaltsanträge angesprochen hat - und eben nicht die SPD. Ich denke, die SPD-Kolleg:innen werden das überleben. Die Zuwendung für das Psychosoziale Zentrum für Geflüchtete hat dann auch eine Mehrheit gefunden.
Train of Hope ist allerdings trotz unserer Antragsstellung und Fürsprecher in der Stadtverwaltung erneut leer ausgegangen. Hier machen wir uns Sorgen hinsichtlich der Betreuungssituation für Menschen mit Migrationshintergrund, weil eigentlich allen, die Kenntnisse der Szene haben, klar sein muss, dass Train of Hope unverzichtbar geworden ist.
Die Zuschüsse für die Aidshilfe sind dann wiederum ein schönes Positivbeispiel für die wechselnden Mehrheiten im Rat. SPD/Grüne/CDU wollten 70.000 Euro, DIE LINKE+ wollte 140.000 Euro. Und nachdem die drei Großen sich beim FDP-Antrag über 50.000 Euro nicht mehr einig waren, konnte dieser additiv zu den 70.000 Euro auch mit unseren Stimmen beschlossen werden. Damit stehen der Aidshilfe nun 120.000 Euro zur Verfügung, was recht nahe an unserer Antragsstellung über 140.000 Euro ist. Lassen Sie uns die wechselnden Mehrheiten beibehalten.
Beim Sozialökologischen Zentrum gelang es uns, den Ausbau der Barrierefreiheit finanziell zumindest möglich zu machen. Die Nebendiskussion der FDP, dass hier Antifaschisten tagen, zeigt eigentlich den falschen politischen Kompass auf: Antifaschisten sind kein Argument gegen das SÖZ, sondern dafür, denn es ist gute Bürgerpflicht, gegen Rechtsextremisten Zivilcourage zu zeigen.
Weitere Beschlüsse, die in unserem Antragspaket eine Rolle gespielt haben, waren die Förderungen
- für den VMDO mit dem Projekt der kultursensiblen Seniorenarbeit (KULSA),
- für das Kindertrauerzentrum Möwe,
- für den Dings e.V. am Dortmunder Hafen, der dort - ohne Eintrittsgelder zu nehmen - Kulturevents veranstaltet,
- für die freie Kulturszene und
- für das Welthaus im Rosenviertel.
- Außerdem war uns wichtig, 2 Schulsozialarbeiterstellen für die Max-Wittmann-Förderschule einzurichten.
Trotz unserer Haushaltszustimmung am Ende noch ein kritisches Wort zur Prioritätensetzung: Wenn mit dem Projekt der Westfalenhallen an der Strobelallee, der Jungen Bühne und dem Kulturarchiv in Wickede voraussichtlich 400 Mio Euro in den nächsten Jahren aufgewendet werden, dann ist ein Teil der Haushaltsproblematik durchaus auch im Kulturdezernat entstanden. Ein Denkmal für Herrn Stüdemann im Stadtgarten wäre uns billiger gekommen.
Einen Dank möchte ich nochmal an die Mitarbeiter:innen der Kämmerei richten, die hier einen sehr guten Job gemacht haben, sowie auch an den Ausschussvorsitzenden Dr. Jendrik Suck für seine faire, sachliche und solide Sitzungsleitung im Finanzausschuss.
Danke für die Aufmerksamkeit.