LINKE+ sagt Ja zum neuen Haushalt der Stadt Dortmund

RedenFinanzen

Erstmals in der Nachkriegszeit hat eine Fraktion links von der SPD dem städtischen Haushalt zugestimmt. In der Ratssitzung am 16. Dezember 2021 hat auch die Fraktion DIE LINKE+ ihre Hand gehoben, als der 2,9 Milliarden Euro "teure" Haushalt mit großer Mehrheit auf den Weg gebracht wurde. FDP/Bürgerliste und AfD allerdings verweigerte ihre Zustimmung. 

In seiner Haushaltsrede hat Utz Kowalewski, Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE+, die Argumente für die Zustimmung zusammengefasst.  

Haushaltsrede von Utz Kowalewski, Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE+

Anrede,

zum ersten Mal in der Nachkriegsgeschichte Dortmunds wird eine Fraktion links von der SPD den Haushalt der Stadt mittragen. Die Partei DIE LINKE ist seit 2007 in Fraktionsstärke im Rat der Stadt, wo wir seitdem ein konstanter Faktor für mehr soziale Gerechtigkeit und einen besseren Umgang mit Natur und Umwelt sind. Nun ist es also soweit, dass wir diesen Schritt gehen und die Verantwortung für Dortmund im Rahmen einer Gestaltungsmehrheit wahrnehmen.

Auch in den vergangenen Jahren haben wir nie Fundamentalopposition gemacht, sondern waren immer eine konstruktive Opposition, die eine Vielzahl von Verbesserungsvorschlägen in die politischen Debatten eingebracht hat, von denen auch viele mit Mehrheiten im Rat abgestimmt wurden. Bereits 2017 gab es einen Haushalt, den wir nicht abgelehnt hatten, sondern mit einer Enthaltung wohlwollend toleriert haben, nachdem die meisten unserer Haushaltsanträge von anderen Fraktionen angenommen worden waren. In diesem Jahr waren wir sogar noch erfolgreicher. Von 23 gestellten Haushaltsanträgen sind lediglich 2 abgelehnt worden. Dafür einen herzlichen Dank an die beteiligten Fraktionen. Was hat sich also alles verändert, so dass der Stadthaushalt von DIE LINKE+ nun mitgetragen werden kann?
 
Der aktuelle Stellenplan weist rund 360 Stellen mehr aus, als noch im letzten Doppelhaushalt vorgesehen. Wir meinen, dass dies auch nötig ist, um die anstehenden Aufgaben umsetzen zu können. Ebenfalls positiv sehen wir, dass die in der letzten Wahlperiode von uns angeschobene Verdopplung der Zahl der Ausbildungsplätze bei der Stadt Dortmund auch im aktuellen Stellenplan fortgeschrieben wurde. Dem Stellenplan stimmen wir daher gerne zu.

Der Haushalt 2022 ist aber keine reine Fortschreibung aus der letzten Wahlperiode, sondern setzt einige neue Akzente. Als größte Veränderung ist die massive Ausweitung der Investitionen in Schulen und Kitas zu nennen. Diese wird von DIE LINKE+ ausdrücklich begrüßt und natürlich freuen wir uns aus schulpolitischer Sicht über die neuen Gesamtschulen in Hörde und Westerfilde ebenso wie über den Beschluss des Finanzausschusses, bis zu einem Jahreseinkommen von 30.000 Euro die Kitas beitragsfrei zu stellen.

Der Haushalt ist aber auch in den Grundkennzahlen solide. Zur 5% Hürde zur Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes hat die Stadt in diesem Jahr deutliche 101,7 Millionen Euro Abstand. Der Haushalt 2022 ist daher in einem ruhigen Fahrwasser. Wirklich schwierig wird es erst wieder 2025, wenn die Corona-Folgen eingepreist werden müssen. Eine Aufgabe wird es daher sein, anders als es die Schwarz-Gelbe Landesregierung seinerzeit beschlossen hat, die Kommunen von den Corona-Lasten tatsächlich zu befreien und auch eine Lösung für das Altschuldenproblem zu finden. Dazu ist entschiedener Druck auf Land und Bund nötig.

Auch die politische Gesamtlage in Dortmund hat sich im Vergleich zu früheren Jahren verändert. Zum einen gibt es neue Mehrheiten im Dortmunder Rat – die offizielle Projektpartnerschaft der Grünen mit der CDU hat ja noch einen inoffiziellen LINKEN Anteil, denn alleine haben Grüne und Christdemokraten keine Mehrheit im Rat. Ich kann mir vorstellen, dass das es den CDU Kolleg*innen an einigen Stellen durchaus weh getan hat, denn wir haben keine Kröten geschluckt, sondern unser Wahlprogramm umgesetzt.

Nur ein paar Beispiele aus diesem Jahr: Wir haben den Einstieg in das Housing First Konzept beschlossen, um endlich effektiver die Obdachlosigkeit bekämpfen zu können. Wir haben den Endausbauzustand des klimaschädlichen und defizitären Dortmunder Flughafens festgelegt und den nicht minder klimaschädlichen Bau der Schnellstraße OWIIIa durch den Dortmunder Osten auf die Wärmebank geschoben. Und zuletzt haben wir ein neues Waldkonzept beauftragt, um den unter dem Holzeinschlag leidenden Stadtwald auf die Herausforderungen des Klimawandels einzustellen. Ebenso wurde interfraktionell im Sozialausschuss die Einrichtung einer Diamorphinambulanz beschlossen, um auch die Drogenpolitik in Dortmund zu verbessern.

Zum anderen gibt es einen neuen Oberbürgermeister und eine im Neuaufbau begriffene SPD-Fraktion. Und dieser Oberbürgermeister war beispielsweise der von uns im letzten Kommunalwahlkampf plakatierten Idee, Gemeindewohnungen nach Wiener Vorbild zu bauen, durchaus aufgeschlossen. Die Dortmunder Stadtentwicklungsgesellschaft wurde nach Jahren des Stillstandes aufgewertet. Sie wurde mit einem neuen Wirtschaftsplan versehen, und nun beginnt die Stadt Dortmund zur Bekämpfung der Wohnungsnot in eigener Regie zu bauen. Und das ist gut so, denn der freie Markt ist erkennbar nicht die Lösung des derzeitigen Problems auf dem Wohnungsmarkt, sondern seine Ursache. Das in diesem Jahr erstellte neue Wohnkonzept der Stadt enthält zudem viele Themen der LINKEN+, wie beispielsweise das Baulückenkataster, mit dem wir versuchen wollen, ohne Griff in den Freiraum der Stadt zusätzlichen Wohnraum zu mobilisieren. Das Wohnkonzept setzt nun anders als in früheren Jahren einen klaren Schwerpunkt darauf, wieder ausreichend bezahlbaren Wohnraum anzubieten. Die Abstimmung über das Gesamtkonzept ist zwar auf Februar verschoben, aber die auch von uns gewünschte Erhöhung der Quote für den sozialen Wohnungsbau auf nun 30 % der Bruttogeschossfläche wird der Rat heute noch mit Mehrheit beschließen.

All dies findet sich natürlich auch im Stadthaushalt und im Stellenplan der Stadt wieder, auch wenn es nicht zum Schluss-Showdown der Fraktionen im Finanzausschuss der letzten Woche gehörte.

Uns war in diesen Haushaltsberatungen besonders wichtig, dass wir auf Antrag von DIE LINKE+ den Einstieg in die Kommunalisierung der derzeit von der Stadt fremdvergebenen Reinigungsdienstleistungen und der Sicherheitsdienstleistungen gefunden haben. Genauso haben wir den Antrag der SPD zu den Honorarkräften der Musikschule gerne mitgetragen. Bereits in der letzten Ratssitzung haben wir uns mit Mehrheit für die Einführung tariflicher Verhältnisse bei ServiceDo eingesetzt. Gute Arbeit im Sinne des DGB bleibt ein wichtiges Anliegen von DIE LINKE+ in Dortmund.

Genauso freuen wir uns, dass es auf Antrag von DIE LINKE+ gelungen ist, eine Reihe von sozialen Einrichtungen in Dortmund zu fördern. Die Lebenshilfe erhält einen Zuschuss von 50.000 Euro für die Beratung von migrantischen Menschen mit Behinderungen. Die Diakonie erhält 36.000 Euro für ihr Projekt WeQ – Geflüchtete im Ehrenamt. Für das Frauenzentrum Huckarde soll eine räumliche und finanzielle Lösung für den Weiterbetrieb gefunden werden. Der Dortmunder Kunstverein erhält 60.000 Euro. Den Künstlerverbänden wird ein neues Atelierhaus zur Verfügung gestellt, weil die Ausstellungsflächen für die Kunstszene nicht mehr ausreichen. Und die Drogenberatungsstelle DROBS erhält eine zusätzliche Vollzeitstelle für die soziale Arbeit.

Sehr geehrte Damen und Herren, das Thema Ernährung soll nun Inhalt eines neuen Masterplans werden. Das Thema ist ausgesprochen vielschichtig und ich bedanke mich für die Zustimmung zu unserem Antrag im Finanzausschuss. Es geht um Fragen der Ernährung in den Kitas und Schulen – hier haben wir mit Freude zur Kenntnis genommen, dass die neu geplanten Kitas wieder eigene Wirtschaftsküchen erhalten sollen und nicht mehr vom Caterer beliefert werden. Es geht um Themen wie das Urban Gardening. Es geht um die regionale Kreislaufwirtschaft und die ökologische Landwirtschaft und viele weitere Aspekte dieses Themas. Wir freuen uns auf diesen neuen Masterplanprozess.

Eine Kontroverse in den Haushaltsberatungen hatten wir beim Thema Klimaschutz. In Teilen war es mit Blick auf die SPD sogar eine Posse. Erst wird von der SPD in den Medien ein Haushaltsantrag zur Einrichtung eines Klimadezernates vollmundig angekündigt. Dann wird dieser in den interfraktionellen Beratungen zurückgezogen. Und am Ende traut sich die SPD nicht einmal, dem Antrag von DIE LINKE+ zuzustimmen und bleibt bei einer Enthaltung stehen. Die Grünen sowie die CDU haben die Einführung eines Klimadezernates von vorneherein abgelehnt.

Ich möchte noch einmal auf den Sinn dieses Antrages hinweisen, weil die dahinter stehenden Probleme auch nach seiner Ablehnung in keiner Weise gelöst sind. Uns ist es wichtig, dass angesichts der gemeinsam definierten Klimaziele eine schlagkräftige Struktur das auch ermöglicht. 2035 soll Klimaneutralität erreicht werden - 10 Jahre früher als von der Verwaltung vorgeschlagen. Darauf haben uns geeinigt. Derzeit haben wir aber eine Unmenge von Schnittstellenproblematiken zwischen verschiedenen Dezernaten und verschiedenen Fachämtern. Das kleine, bei den Klimafragen federführende Umweltamt muss dann beispielsweise gegenüber dem großen Baudezernenten das ökologische Bauen durchsetzen. Das wird erkennbar so nicht funktionieren. Wer weiß, dass das schon mit dem viel kleinerem Problem der Baustellenkoordination nicht richtig funktioniert, der wird schnell zu der Einsicht kommen, dass das bei der Megaaufgabe Klimaneutralität auch nicht funktionieren wird. Und wer kein Klimadezernat will, der muss dann wohl am Ende des Tages damit leben, wenn der Oberbürgermeister das Thema über kurz oder an sich zieht und das auch tun muss, damit der Wille des Rates auch in der Praxis umgesetzt werden kann.

Einig waren wir uns dann wieder bei den konkreten Projekten, sowohl im Haushaltsantrag von Grünen und CDU aber auch bei der SPD, als auch bei unseren Anträgen. Mit einem Umsetzungskonzept für Kleinwindkraftanlagen will DIE LINKE+ den erneuerbaren Energien im Stadtgebiet einen neuen Schub verleihen. Ein zusätzlicher Trinkwasserbrunnen pro Stadtbezirk soll in Anpassung an künftige Hitzeereignisse errichtet werden, was für alle Menschen, nicht zuletzt aber auch für Menschen ohne Obdach von großer Bedeutung ist. Die Kaiserstraße soll eine Überplanung erfahren. Und den Ratsmitgliedern soll es freigestellt werden, ob sie wie bisher eine Parkkarte für die Tiefgarage im Rathaus in Anspruch nehmen wollen, oder ob sie ein ÖPNV Ticket nutzen wollen, um mit gutem Beispiel voran zu gehen. Das H-Bahnkonzept möchten wir im Sinne eines Forschungsauftrages modernisieren.

Und auch beim Tierschutz konnten wir Akzente setzen. So erhält die Wildvogelauffang- und Auswilderungsstation von Herrn Ferlemann einen Zuschuss, um seine wertvolle Arbeit fortführen zu können, und der Tierschutzverein sowie der Katzenschutzverein zur Kastration von Freigängerkatzen ebenfalls. Zur Hundesteuer wollen wir im Fachausschuss nochmal nachberaten.

Beim Thema der Müllentsorgung wollen wir Elektrogeräte im Stoffkreislauf halten und eben nicht der Müllverbrennung zuführen – dazu sollen auch wohnortnahe Sammelstellen dienen, wie sie auch in Wuppertal vorhanden sind. Ein Dankeschön auch für den kostenlosen Sperrmülltag, der nun Teil des Antragspaketes der Grünen und der CDU war, nachdem wir ihn in vergangenen Jahren vergeblich in den Haushaltsberatungen eingebracht hatten. Auch die Bezirksvertretung Brackel hatte ja unlängst auf Antrag der Fraktionsgemeinschaft aus DIE LINKE und DIE PARTEI kostenlose Sperrmülltage gefordert.

Apropos DIE PARTEI – es ist ein gutes Signal, dass wir es, wie auch schon das ganze Jahr über, auch bei den Haushaltsberatungen geschafft haben, gemeinsam abzustimmen und somit einen linken Block zu bilden. Und es ist ein noch besseres Signal, dass Ihr unter dieser Prämisse auch dem Haushalt zustimmt und das, obwohl Eure Haushaltsanträge abgelehnt wurden. Der Block aus den Vertreter*innen der linken Parteien steht – einerseits im Plus unserer Fraktion, andererseits durch die gute Zusammenarbeit mit Euch. Das verspricht auch einiges für die kommenden Jahre.

Und was die AfD angeht – es ist gut, dass der antifaschistische Grundkonsens dieses Rates wieder einmal gehalten hat und alle Anträge dieser national-kapitalistischen Gruppierung von allen anderen Fraktionen abgelehnt wurden. Außer Sozial- und Personalkürzungen und Versuchen die Gesellschaft zu spalten haben sie auch nichts zu bieten.

Nun gilt es, nach einem echten Antragsmarathon für die Verwaltung in die Umsetzung der zahlreichen Antragslagen zu kommen. Und für die Fraktionen des Rates gilt es sich um die Beschlussverfolgung zu bemühen. In diesem Sinne haben wir ein spannendes Jahr 2022 vor uns. Ich wünsche Ihnen allen frohe Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr.

Haushalt 2022: Das sind die Anträge der Fraktion DIE LINKE+: Fraktion DIE LINKE+ im Rat der Stadt Dortmund