Fragen und Antworten zum RWE-Aufsichtsrat

Eine hitzige Debatte gab es in der Ratssitzung am 20. Mai 2021. Anlass war ein Fragenkatalog der Fraktion DIE LINKE+. Sie wollte wissen, warum der neue Oberbürgermeister nicht den Platz der Stadt Dortmund im Aufsichtsrat der RWE übernommen hat, sondern diesen gut dotierten Posten seinem Vorgänger Ullrich Sierau überlassen hat. - Die Stadtverwaltung hat die Fragen in der Ratssitzung am 24.06.2021 beantwortet. Doch die Politik war - fraktionsübergreifend - mit dem Umfang der Antworten nicht einverstanden. Deshalb wird es ein weiteres Antwortschreiben geben.

Fragen und Antworten sind nachstehend zu finden:

Und so lautete die Anfrage:

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

den Medien war zu entnehmen, dass Sie mit dem Alt-Oberbürgermeister Sierau verabredet haben, dass nicht wie in den vergangenen Jahrzehnten der aktuelle Oberbürgermeister als Vertreter des größten kommunalen Anteilseigners von RWE für den Aufsichtsrat vorgeschlagen werden solle, sondern Herr Sierau als Privatperson. Da Herr Sierau nicht aufgrund eines Amtes in den Aufsichtsrat gewählt wird, bestünde auch keine Pflicht mehr die im Aufsichtsrat von RWE erhaltenen finanziellen Mittel wie in den letzten Jahrzehnten an den Haushalt der Stadt Dortmund abzuführen, so dass der Stadthaushalt aufgrund dieser Verabredung einen jährlichen Schaden in Höhe von rund 150.000 Euro erleidet.

Dazu möchten wir Ihnen die Möglichkeit geben gegenüber dem Rat Stellung zu beziehen und im Rahmen ihrer Stellungnahme die nachfolgenden Fragen zu beantworten.

1) Mit welcher Absicht wurde die oben geschildete Verabredung getroffen? Warum wurde vom bisherigen Verfahren abgewichen?

2) Warum wurden weder der Ältestenrat, der Ausschuss für Finanzen, Beteiligungen und Liegenschaften (AFBL) oder der Aufsichtsrat von DSW über die Absicht zu Rate gezogen, oder zumindest informiert?

 3) Wie werden die Interessen der Stadt Dortmund künftig im Aufsichtsrat von RWE vertreten? Gibt eine schriftliche Vereinbarung mit Herrn Sierau, wenn ja mit welchem Inhalt?

 4) Welche politischen Ziele verfolgt die Stadt Dortmund derzeit mit ihrem über DSW gehaltenen Aktienbesitz bei RWE? Inwieweit können diese Ziele in der jetzigen Aufsichtsratskonstellation weiterverfolgt werden?

5) Gibt es eine Verabredung mit Herrn Sierau über seine Positionierung im Aufsichtsrat von RWE hinsichtlich der von RWE gezahlten Dividenden?

Mit freundlichen Grüßen

Utz Kowalewski
Fraktionsvorsitzender

Antwortschreiben des Oberbürgermeisters (Ratssitzung 24.06.2021) 
An die Mitglieder
des Rates
der Stadt Dortmund

Sehr geehrte Damen und Herren,
bevor ich die gestellten Fragen beantworte, möchte ich einige Anmerkungen zu den textlichen
Inhalten machen.
Zu der Aussage, dass Herr Sierau als Privatperson in den Aufsichtsrat der RWE AG gewählt
wurde, möchte ich folgendes ausführen:
Die Satzung der RWE AG sieht keine Entsenderechte für Vertreter einzelner Aktionäre in den
Aufsichtsrat vor. Vielmehr schlagen der Vorstand und der Aufsichtsrat die wählbaren Personen
der Hauptversammlung vor. Wie in den meisten Kapitalgesellschaften ist es Praxis, die
Eigentümerstruktur im Aufsichtsrat zu berücksichtigen. Dies geschah und geschieht bei der
RWE AG über die beiden Vereinigungen der kommunalen RWE-Aktionäre (VkA) für das
Rheinland und für Westfalen. In diesen bündeln die kommunalen RWE-Aktionäre ihre Anteile,
um ihre Interessen wirksam zu vertreten. Gemeinsam halten die Aktionäre der öffentlichen
Hand derzeit einen Anteil von ca. 15 % an der RWE AG und sind somit der größte Ankeraktionär.
Herr OB a. D. Ullrich Sierau hat die Interessen der VkA Westfalen seit 10 Jahren erfolgreich
im Aufsichtsrat der RWE AG vertreten. In dieser Zeit hat er für die Stadt Dortmund und für
die Region viel erreicht. Den Wandel der RWE AG zu einem der – auch im weltweiten Maßstab
- größten Anbieter von regenerativen Energien hat er aktiv begleitet und erfolgreich mit
vorangetrieben - und wird das auch künftig tun.
Der Aufsichtsrat der RWE AG hat Herrn Sierau zur Wahl vorgeschlagen. Die Hauptversammlung
der RWE AG hat Herrn Sierau mit ca. 97 % für drei Jahre gewählt.
Für die Vergütung, die Herr Sierau im Rahmen seiner Aufsichtsratstätigkeit erhält, gelten die
Regelungen des Landesbeamtenversorgungsgesetzes NRW. Dies sieht nach den Voraussetzungen
des § 66 LBeamtVG NRW eine Anrechnung von Einkünften auf das Ruhegehalt vor.
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Zu den Fragen im Einzelnen:
1) Mit welcher Absicht wurde die oben geschilderte Verabredung getroffen? Warum
wurde vom bisherigen Verfahren abgewichen?
Wie eingangs dargelegt, bedurfte es keiner Verabredung, das übliche Verfahren wurde eingehalten.
2) Warum wurden weder der Ältestenrat, der Ausschuss für Finanzen, Beteiligungen
und Liegenschaften (AFBL) noch der Aufsichtsrat von DSW über die Absicht zu Rate
gezogen, oder zumindest informiert?
Wie eingangs dargelegt, ist Herr Sierau nicht als Vertreter der Stadt Dortmund in den Aufsichtsrat
der RWE AG entsandt, sondern durch die Hauptversammlung der Aktionäre der
RWE AG gewählt worden. Für diesen Fall sieht der § 113 GO NRW eine Befassung des Rates
nicht vor. Eine Information des Aufsichtsrates der DSW21 erfolgt in seiner nächsten ordentlichen
Sitzung.
3) Wie werden die Interessen der Stadt Dortmund künftig im Aufsichtsrat von RWE
vertreten? Gibt es eine schriftliche Vereinbarung mit Herrn Sierau, wenn ja mit welchem
Inhalt?
Den einleitenden Bemerkungen ist zu entnehmen, dass Herr Sierau im Aufsichtsrat der RWE
AG sowohl Dortmunder Interessen als auch die Interessen der kommunalen Aktionäre aus
Nordrhein-Westfalen repräsentiert, wie er es in den letzten zehn Jahren in seiner Funktion als
Oberbürgermeister auch getan hat. Herr Sierau wird weiterhin an den Gremiensitzungen der
VkA teilnehmen und regelmäßig für weitere Konsultationen, z. B. mit mir als Oberbürgermeister
und Aufsichtsratsvorsitzendem der DSW21, zur Verfügung stehen. Eine schriftliche
Vereinbarung dazu gibt es nicht.
4) Welche politischen Ziele verfolgt die Stadt Dortmund derzeit mit ihrem über DSW
gehaltenen Aktienbesitz bei RWE? Inwieweit können diese Ziele in der jetzigen Aufsichtsratskonstellation
weiterverfolgt werden?
Nach der umfangreichen Tauschvereinbarung zwischen der RWE AG und der E.ON SE konzentriert
sich der Transformationsprozess der RWE AG auf die umweltfreundliche Stromerzeugung.
Dabei treibt sie die Energiewende voran und erhöht ständig die Stromgewinnung
aus regenerativen Energien. Sie ist nun ein international führendes Unternehmen auf dem Gebiet
der Erneuerbaren Energien, das durch deren weiteren Ausbau und den Ausstieg aus der
Kohleverstromung bis 2040 klimaneutral werden wird.
Durch die regelmäßigen Dividenden der RWE AG wurde und wird ein deutlicher und verlässlicher
Beitrag zum Ausgleich des defizitären ÖPNV-Betriebes bei der DSW21 erreicht.
Die Stadt Dortmund verfolgt das Ziel, für die Bürger und die Wirtschaft dieser Stadt eine
funktionsfähige und nachhaltige Energieversorgung sicherzustellen. Für eine nachhaltig
wachsende Großstadt ist es essentiell, auf diese Weise Ressourcen zu schonen, lebenswert zu
bleiben und der Wirtschaft attraktive Standortbedingungen zu bieten.
Die jetzige Zusammensetzung des Aufsichtsrates bietet die Gewähr, dass dieser Weg konsequent
weiterverfolgt wird.
5) Gibt es eine Verabredung mit Herrn Sierau über eine Positionierung im Aufsichtsrat
von RWE hinsichtlich der von RWE gezahlten Dividenden?
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Durch den Transformationsprozess verfügt die RWE AG über eine gesunde Eigenkapitalausstattung
und hervorragende Wachstumsperspektiven. Beides sind Voraussetzungen für nachhaltige
Dividendenzahlungen. Auch durch das strategische Wirken von Herrn Sierau wurden
diese Voraussetzungen geschaffen. Herr Sierau wird sich auch weiter dafür einsetzen, dass
das Unternehmen erfolgreich wirtschaftet und seinen Aktionären eine attraktive Dividende
zahlen kann.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Westphal